Mit dem 2018 eröffneten National Memorial for Peace and Justice berherbergt Alabamas Hauptstadt Montgomery ein besonders ergreifendes Mahnmal. Die Gedenkstätte im südwestlichen Teil der Innenstadt ist jenen zahllosen Afroamerikanern gewidmet, die Opfer rassistisch motivierter Lynchjustiz in den Vereinigten Staaten wurden.
Zentrales Element ist der Memorial Square, eine offene Halle mit insgesamt 805 von der Decke herabhängenden Metallquadern. Jeder einzelne steht für ein County in den USA, in denen es nachgewiesen zu Lynchmorden kam. Dass die Stahlblöcke in hängen, ist nur eines von zahlreichen ausdrucksstarken Symbolen, die dem Monument innewohnen. So steht der Rost, den das Metall angesetzt hat, für die Spuren, die rassistisch motivierte Gewalt hinterließen. Vor allem bei Regenwetter kommt dies zur Geltung. Herabrinnendes Wasser erweckt dann die Assoziation fließenden Blutes.
Nicht zuletzt wirken die Quader in ihrer Gesamtheit, denen man sich zunächst noch auf Augenhöhe nähert, beim Durchschreiten des Memorial Square auf einmal wie eine bedrohliche Last, die Rassismus und Hass dem Land und seiner Gesellschaft aufgebürdet haben. Die in das Metall eingravierten Namen verleihen dem kaum vorstellbaren Leid der Opfer des Lynchterrors ein Gesicht. Eingehende und emotionale Momente sind einem hier gewiss.
Das National Memorial for Peace and Justice regt auch anderweitig zum Gedenken an. Inmitten des geschmackvoll gestalteten parkähnlichen Anwesens finden sich zahlreiche Skulpturen, die rassistisch motivierte Gewalt thematisieren. Bemerkenswert ist etwa die Installation „Hands up“. Sie zeigt Schwarze mit erhobenen Händen, deren Körper in einen Betonblock gegossen sind und steht für die auch heute mitunter noch zu beobachtende Ohnmacht gegenüber der Staatsgewalt. Ein besonderes Feature ist der Memorial Park, in dem Kopien der hängenden Quader ruhen. In jedem betroffenen County soll der entsprechende Metallblock früher oder später einen angemessenen Platz erhalten.
Zum geschichtlichen Hintergrund: Zwischen 1877 und 1950 wurden in den USA Hunderte Schwarze gelyncht; die Taten wurden fast nie strafrechtlich verfolgt. Insgesamt wurden etwa 4.400 Opfer dieses Terrors dokumentiert. Anlass für die Akte hasserfüllter Selbstjustiz waren oftmals Nichtigkeiten wie die Weigerung, einen Weißen mit „Sir“ anzureden, oder Beschuldigungen, eine Straftat begangen zu haben. Vor allem in den Südstaaten war es gängige Praxis, Schwarze Brandstiftungen, Vergewaltigungen oder Morden zu bezichtigen und kurzen Prozess zu machen, ohne dass überhaupt eine Untersuchung der Vorwürfe stattfand.
Die Errichtung des National Memorial for Peace and Justice geht auf die Equal Justice Initiative zurück. Die Vereinigung, die sich in erster Linie für faire Strafprozesse einsetzt, ist auch für das Legacy Museum in der Nähe eines früheren Sklavenmarketes in Montgomery und den Freedom Monument Sculpture Park am Ufer des Alabama River verantwortlich. Zwischen allen drei Örtlichkeiten, die auch als The Legacy Sites bekannt sind und mit einem einzigen günstigen Ticket besucht werden können, verkehrt ein kostenloser Shuttle.
Im Eintrittspreis übrigens ebenfalls eingeschlossen ist eine 15-minütige Bootstour auf dem Fluss. Auf diese Weise lässt sich ein nachdenklich stimmender Besuch im National Memorial for Peace and Justice mit einer durchaus unbeschwerten und unterhaltsamen Facette abrunden.