Virginia City ist eine der Orte, in denen der Geist des Wilden Westens noch immer ganz besonders zu spüren ist. Die Kleinstadt in den Bergen im Westen Nevadas verdankt ihre Existenz reichen Bodenschätzen, die ihr alsbald eine Blüte bescherten, von der sie bis heute zehrt. Mit hölzernen Bürgersteigen, traditionellen Fassaden und dem Schnaufen alter Dampfloks wirkt Virginia City wie ein Schaufenster in die Vergangenheit, das unzählige Nostalgiker in seinen Bann zieht.
Inzwischen hat der Tourismus das Sagen in der Ortschaft, die mit ihren nur 800 Einwohnern nicht gerade sehr groß ist, aber dennoch zu den bekanntesten Bergbauorten der USA gehört. Berühmt war Virginia City bereits kurze Zeit nach seiner Gründung im Jahr 1859. Anlass war die Entdeckung der Comstock Lode, eines der ergiebigsten Silbervorkommen der Welt. Innerhalb weniger Jahre entwickelte sich Virginia City zu einer der bedeutendsten und größten Städte im Südwesten der USA und stellte mit mehr als 25.000 Einwohnern sogar heutige Metropolen wie San Diego oder Dallas in den Schatten.
An die glorreiche Zeit erinnert die Hauptstraße mit ihren restaurierten Fassaden, die den authentischen historischen Charakter vorbildlich bewahrt. Es braucht nur ein wenig Phantasie, um sich in die Blüte des Ortes zurückzuversetzen. Mit Klamauk und einem Augenzwinkern sind die Schauspieler des Virginia City Outlaw Theatre mit ihren Westernshows bei einer Zeitreise behilflich. Ähnlich geschäftig wie heute in den Straßen eines der bedeutendsten touristischen Ziele im Westen Nevadas muss es damals zugegangen sein. Virginia City steckte voller Theater- und Opernhäuser, Banken, Saloons, Hotels und Zeitungen.
Für den örtlichen „Territorial Enterprise“ war übrigens niemand Geringeres als Samuel Clemens tätig, der seine Artikel unter dem Künstlernamen Mark Twain verfasste. Den Spuren des berühmten Schriftstellers kann man unter anderem im Piper’s Opera House in der Union Street folgen, in dem er mehrfach Vorträge hielt. Ein Muss ist natürlich auch das Mark Twain Museum.
Bei einer Entdeckungsreise durch die lebendige Geschichte von Virginia City mit einer Reihe weiterer Museen sollte man auf keinen Fall das Fourth Ward School Museum auslassen. Es erzählt nicht nur lebhaft von der Stadtgeschichte. Das historische Schulhaus mit seinen vier Etagen, das zu seiner Eröffnung 1876 Platz für 1.000 Schüler bot und in dieser Form einzigartig in den USA ist, steht zugleich als beeindruckendes Zeugnis für die enorme Rolle der Stadt zu jener Zeit.
Zum touristischen Pflichtprogramm gehört natürlich auch eine Erkundungstour in einer der für Besucher geöffneten Gold- und Silberminen. So kann man etwa in der Chollar Mine bei einer Führung durch den Bergwerkstunnel den harten Arbeitsalltag der Bergleute unter schwierigen Bedingungen nachempfinden. Gelungen abrunden lässt sich die Zeitreise bei einem Ausflug mit der Virginia & Truckee Railroad. Die Fahrten führen von dem gelb gestrichenen Bahnhofsgebäude aus dem Jahr 1870 in das südlich gelegene Bergbaustädtchen Gold Hill und zurück. Mitunter sind die Züge sogar mit Damploks bespannt. Ein Tipp für Eisenbahnenthusiasten sind Tagesausflüge mit einem Museumszug von Carson City nach Virginia City.
Neben all ihren historischen Spuren lockt die Kleinstadt das ganze Jahr mit zahlreichen Veranstaltungen. Weit über Nevada hinaus bekannt sind zum Beispiel das International Camel & Ostrich Race oder der Virginia City Grand Prix, eines der anspruchsvollsten Motorradrennen im Westen der USA. Der Oktober steht ganz im Zeichen von Geistergeschichten und wird hier kurzerhand zum Hauntober, während zu besonderen Gelegenheiten wie dem Unabhängigkeitstag oder Weihnachten ausgelassene, bunte Paraden das Straßenbild prägen.
Virginia City versteht es, mit seinem zauberhaften Charme Besucher jederzeit in seinen Bann zu ziehen. Zu dem rauen und liebenswürdigen Charakter der Stadt passt ihr von kargen Bergen geprägtes Umland. Von ihrem Hausberg, dem Mount Davidson, erlebt man ein imposantes 360-Grad-Panorama, bei dem einem die Stadt mit all ihrem historischen Reiz tatsächlich zu Füßen liegt. Mit dem Aufstieg auf den Gipfel lässt sich ein Besuch im wahrsten Sinne des Wortes krönen.